Review of Sub-creating Middle-earth

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The following review was published in Inklings Jahrbuch vol. 31 (2013) and is reproduced here with kind permission

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(Review in German)

Judith Klinger, ed. Sub-creating Middle-earth: Constructions of Authorship and the Works of J. R. R. Tolkien. Zurich and Jena: Walking Tree Publishers, 2012. 209 pp., CHF 20,00.

Mit der Frage der Autorschaft widmet sich dieser Band einem Thema, das erstaunlicherweise bislang in der Tolkienforschung nur sporadisch behandelt wurde, dessen Bedeutung aber angesichts der komplexen Entstehung- und Überlieferungsgeschichte einiger seiner Werke, insbesondere The Lord of the Rings und des Silmarillion-Komplexes, offensichtlich ist. Aus verschiedenen Perspektiven widmen sich die Beiträger und Beiträgerinnen der Frage, wie Tolkien die im Laufe der Literaturgeschichte und -wissenschaft sehr unterschiedlichen Verständnisse des 'Autors' in sein Werk aufgenommen hat und wie er selber als Autor einzuordnen ist.

Der Band beginnt nach einer kurzen thematischen Einführung der Herausge"berin Judith Klinger mit den Überlegungen Dirk Vanderbekes und Allan Turners zur Frage, wie Tolkien als Autor vorgegangen ist, um seiner literarischen Schöpfung den Beigeschmack des Mythischen zu geben. Dazu vergleichen sie seine Methodik mit der anderer Autoren, wie John Barth oder Howard Philips Lovecraft, aber auch die Struktur des Silmarillion-Korpus mit realweltlichen Mythologien und diagnostizieren eine "multi-levelled paradoxical situation" (17), insofern einerseits eine Vielfalt von Traditionen und Erzählern nahegelegt werde, andererseits die großen Ähnlichkeiten im Stil eine gemeinsame auktoriale Stimme vermuten ließen.

Anschließend widmet sich Martin Simonson der Präsenz des Autors Tolkien in The Lord of the Rings, indem er eine dreifache Balance zwischen christlichen und paganen Elementen sowie der Anwendbarkeit der Geschichte auf Themen und Belange des 20. Jahrhunderts herausarbeitet. Mit dieser Balance werde ein ungewöhnliches und erlösendes Heldenverständnis propagiert, das sich beispielsweise bei Boromirs Tod und Aragorns Vergebung zeige: "Boromirs soul was saved due to his repentance, and the hobbits provided him with a just cause that helped him achieve heroic redemption in battle" (29). Nach Simonson liegt in dieser Balance ein Grund, sowohl Tolkien als Autor als auch den Erfolg seines Werkes zu verstehen.

Im nächsten – sehr ausführlichen – Aufsatz behandelt Judith Klinger den Zusammenhang von Träumen, visionärer Geschichte und Autorschaft, insbesondere in The Notion Club Papers und The Lord of the Rings. Sie stellt dabei die Besonderheiten des dort vertretenen Verständnisses von Träumen als alternative Zugangsmöglichkeiten zu einer verlorenen Geschichte oder Anderen Zeit im Vergleich sowohl zum vormodernen als auch modernen Verständnis als Ausdruck externer Kräfte bzw. des Unbewussten heraus. Die in Tolkiens Texten implizierte Autoren-Rolle ergebe sich aus dem Dialog der modernen und vormodernen Erkenntnistheorien, insofern das moderne Verständnis identifizierbarer historischer Ursprünge und der individuelle biographische Autor überschritten werde: "Tolkiens texts 'stir the unseen' by envisioning a dialogue of epistemologies and a movement across the boundaries of historical perception. Dreams serve as primary vehicles for these transgressions. Of uncertain origin, they transcend linear time and initiate an altered consciousness situated between the historical and the mythical realm, between primary and secondary reality" (102).

Margaret Hiley untersucht die Fragen nach der vorgeblichen Historizität und dem Zweck der historischen Fragmente in The Lord of the Rings und stellt dabei einen postkolonialen Charakter heraus, da Tolkien durch seinen Rückgriff auf altenglische Texte und Kultur eine Version von "Englishness" konstruiere, die sehr effektiv die Eroberung durch die Normannen und den Status Englands als normannische Kolonie aus der Geschichte Englands entferne. Insofern Geschichte dabei nicht nur historiographisch notiert, sondern auch als Werk der Fiktion deutlich wird, zeige sich eine große Ähnlichkeit zwischen Tolkien und vielen zeitgenössischen postkolonialen Autoren.

Auch Patrick Brückner nimmt den Autoren Tolkien in den Blick, richtet sich dabei aber zunächst gegen die oft vertretene These, Tolkien sei ein Autor des 20. Jahrhunderts gewesen, da dies oft eine Konstruktion durch den Rückgriff auf Tolkiens Biographie sei, um Anachronismen und Inkohärenzen wegzuerklären. Diese Konstruktion führe aber zu mehr Problemen als sie löse, weshalb Brückner die Andersheit des Tolkienschen Werkes betont und auf der Basis von On Fairy-Stories dafür plädiert, die Polyphonie von The Lord of the Rings nicht als moderne Intertextualität zu verstehen. "Instead, the author functions as a device for the collation and framing of contradictions created by 'episodes and allusions to old tales, mostly darker, more pagan, and more desperate than the foreground'" (168).

Schließlich fragt Cécile Cristofari nach dem Zusammenhang von Geschichte, Mythos und Erzählung in Tolkiens legendarium, da dies zwar als Kompilation von Dokumenten unterschiedlicher Quellen präsentiert werde, aber der Ursprung und die Autorschaft einiger dieser Dokumente höchst unklar (wenn nicht unmöglich zu verifizieren) sei. Die Vermischung 'historischer Ereignisse mit geschriebener Geschichte unterstreiche den starken realistischen Eindruck. "The very elusive quality of authorship [...], the mystery that surrounds the exact route taken by the various accounts that were gathered in the final text, even suggests a possible absence of authors, and instead a symbiotic growth of events and legends together" (188).

Die unterschiedlichen Perspektiven der allesamt sehr lesenswer- ten Beiträge zeigen nicht nur die Bedeutung des behandelten The- mas der Autorschaft für das Verständnis von Tolkiens Werk auf, sondern enthalten auch viele Anstöße für weitere Untersuchungen.

THOMAS FORNET-PONSE

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